Motorradunfälle: Keine Angst vor Erster Hilfe

Frühlingsbeginn: Wieder mehr Motorräder auf Deutschlands Straßen

„Kann ich etwas falsch machen? Füge ich einem ohnehin schwer verletzten Motorradfahrer noch mehr Verletzungen zu, wenn ich aktiv werde?“ Solche Ängste und Unsicherheiten sind weit verbreitet, wenn es darum geht, nach Motorradunfällen Erste Hilfe zu leisten. Darauf macht die Björn Steiger Stiftung zum Frühlingsbeginn, wenn wieder mehr Motorräder auf Deutschlands Straßen sind, aufmerksam. Die Stiftung möchte Verkehrsteilnehmer dazu ermuntern, Erste-Hilfe-Kenntnisse im Allgemeinen und im Bezug auf Motorradfahrer aufzufrischen. „Nichts zu tun, ist keine Option – gerade in Situationen, in denen es um Leben und Tod geht“, sagt Marcus Fluit, Ausbildungsleiter im Bereich Erste Hilfe bei der Björn Steiger Stiftung. „Wer Erste Hilfe übt, kann sie im Notfall anwenden und zum Lebensretter werden.“

Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamts sind im Zeitraum Januar bis November 2018 insgesamt 603 Motorradfahrer auf deutschen Straßen tödlich verunglückt. Im Jahr davor waren es im gleichen Zeitraum 575 Getötete. Das entspricht einem Anstieg von knapp fünf Prozent. Dass Motorradfahrer bei Unfällen oft schwer verletzt werden, hat mehrere Gründe: So haben beispielsweise Motorräder keine Knautschzone. Fahrer sind bei einem Aufprall relativ ungeschützt. Auch fehlende Sichtbarkeit ist ein Problem. Auto- und Lkw-Fahrer nehmen Motorradfahrer häufig durch deren dunkle Kleidung und auf den dunklen Maschinen verspätet oder gar nicht wahr. In brenzligen Situationen reagieren sie daher zu spät.

Was kann ein Ersthelfer im Notfall tun? „Zuerst sollte man sich um die Absicherung der Unfallstelle kümmern und über die Nummer 112 einen Notruf absetzen, um weitere, professionelle Hilfe zu organisieren“, rät Fluit. Dies sollte idealerweise immer zeitgleich mit der Versorgung des Verletzten geschehen. Konkret heißt das: den Verletzten ansprechen und prüfen, ob er reagiert. Ist dies der Fall, kann mit ihm kommuniziert werden: Helfer und Unfallopfer können beispielsweise zusammen ausloten, wie Erste Hilfe anhand der Beschwerden durchgeführt werden kann. Ist der Verletzte nicht ansprechbar, muss sein Helm abgenommen werden. „Gerade hier sind Ersthelfer häufig besorgt, für Folgeschäden verantwortlich zu sein“, sagt Fluit. „Diese Angst ist aber nicht gerechtfertigt, wenn man den Verletzten umsichtig versorgt.“

Bei der Helmabnahme wird das Visier nach oben geklappt und der Kinnriemen geöffnet. Dann kniet sich der Ersthelfer hinter den Kopf des Unfallopfers und zieht den Helm mit beiden Händen langsam und vorsichtig vom Kopf. Wichtig ist, dass Ersthelfer ruckartige Bewegungen vermeiden. Auch muss darauf geachtet werden, dass beim Abziehen des Helms ab einem gewissen Punkt mit einer Hand der Kopf des Verletzten von unten gestützt wird. Ist der Helm ab, kann der Kopf vorsichtig auf dem Boden platziert werden. Vorsicht ist bei sogenannten Klapphelmen geboten. Da diese besonders eng anliegen, muss hier vor dem Abnehmen noch ein bestimmter Klappmechanismus geöffnet werden.

Danach sollte der Ersthelfer den Kopf des Verletzten überstrecken und dessen Atmung überprüfen. Falls der Verletzte atmet, sollte er in die stabile Seitenlage gebracht werden. Ist keine Atmung feststellbar, sollte der Ersthelfer unverzüglich mit einer Herzdruckmassage beginnen – so lange, bis die Rettungskräfte vor Ort sind.

Die Björn Steiger Stiftung appelliert zum Frühlingsauftakt auch an die Motorradfahrer selbst, umsichtig zu fahren. Denn oft muss sich nach der Winterpause erst wieder das richtige Gefühl für die eigene Maschine einstellen. Manchmal würden die eigenen Fahrfähigkeiten dann doch überschätzt und das Unfallrisiko steige, betont Erste-Hilfe-Experte Fluit. Risikofaktoren gibt es im Frühling genug: Die Fahrbahn kann noch nass und damit rutschig sein, Streusalz, das noch auf den Straßen liegt, kann für schlechtere Bodenhaftung der Reifen sorgen. Auch beim Überqueren von nassen Bahngleisen kann ein Motorrad ins Schlingern kommen. Fluit: „Wer vorsichtig fährt, ist sicherer unterwegs.“

Auf dem Heimweg vom Schwimmbad wurde der achtjährige Björn Steiger von einem Auto erfasst. Es dauerte fast eine Stunde bis der Krankenwagen eintraf. Björn starb am 3. Mai 1969 nicht an seinen Verletzungen, er starb am Schock. Seine Eltern Ute und Siegfried Steiger gründeten daraufhin am 7. Juli 1969 die Björn Steiger Stiftung als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel die deutsche Notfallhilfe zu verbessern. Meilensteine dieses Engagements sind z. B. die Einführung des bundesweit einheitlichen und kostenfreien Notrufs 110/112, der Aufbau der Notruftelefonnetze an deutschen Straßen, die Einführung des Sprechfunks im Krankenwagen und der Aufbau der Luftrettung. Aktuelle Initiativen widmen sich insbesondere dem Kampf gegen den Herztod, der Breitenausbildung in Wiederbelebung, der Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für den Notfall, dem Frühgeborenentransport und der Alarmierung von Ersthelfern per App.

Kontakt
Björn Steiger Stiftung
Tobias Langenbach
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