Es geht auch ohne Nachtschichten!

Rechtsanwältin Maike Koll · Anwaltsbüro Bell & Windirsch, Düsseldorf

Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf eine Beschäftigung ohne Zuteilung von Nachtschichten.

(Leitsatz der Verfasserin)
BAG, 09.04.2014, 10 AZR 637/13

Sachverhalt im Rechtsstreit um Nachtschichten in einem Krankenhaus
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten zu beschäftigen. Die Klägerin ist seit 1983 als Krankenschwester beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag verpflichtet sie – im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten – zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit.

Als die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen Medikamente nehmen musste, die einen nächtlichen Schlaf bewirken, war sie nicht mehr in der Lage Nachtschichten zu leisten. Auch eine betriebsärztliche Untersuchung bestätigte die Nachtdienstuntauglichkeit. Die Beklagte war nunmehr der Ansicht, dass die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt sei und schickte sie nach Hause. Hierauf teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass sie ihren Dienstverpflichtungen im Wesentlichen nachkommen kann; sie sei nicht krank, nur weil sie nachts nicht arbeiten kann.

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht. Auch wenn der Arbeitsvertrag die Pflicht zur Nachtarbeit enthält, ist sie nicht als arbeitsunfähig anzusehen. Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann oder nicht mehr ausüben sollte, weil die Heilung der Krankheit nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert werden würde. Die Klägerin kann jedoch sämtliche von ihr als Krankenschwester geschuldeten Arbeiten weiterhin ausüben; ihre eingeschränkte Einsatzmöglichkeit hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit – insoweit auch nur in Bezug auf die Nachtarbeit – steht dem nicht entgegen.

Dort, wo ein Arbeitnehmer lediglich daran gehindert ist, der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden, hat der Arbeitgeber auf die gesundheitlichen Defizite seines Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Entsprechend kann die Klägerin verlangen, dass die Beklagte ihr Weisungsrecht bei der Schichteinteilung so ausübt, dass für die Klägerin keine Nachtdienste mehr anfallen.

Fazit: Gesundheitliche Einschränkungen sind angemessen zu berücksichtigen. Dazu zählt auch die Befreiung von Nachtschichten.

Der Arbeitgeber kann im Wege seines Direktionsrechts nach § 106 GewO grundsätzlich den Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen. Im Rahmen der Ermessensausübung hat er allerdings die Belange seiner Arbeitnehmer und damit auch ggf. vorhandene gesundheitliche Einschränkungen angemessen zu berücksichtigen. Fällt – wie im streitgegenständlichen Fall – die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers aus, führt dies zu einer Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts: Die Beklagte durfte die Klägerin nicht mehr im Nachtdienst beschäftigen. Zu beachten ist allerdings, dass entgegenstehende Interessen anderer Arbeitnehmer, die Größe und Organisation des Betriebs oder aber auch die Ausübung einer sehr speziellen Tätigkeit dem Arbeitgeber ein Umdisponieren im Sinne der Arbeitnehmerbelange unmöglich machen können.

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